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Große Sorge um Angebotsqualität und Angebotsdichte im Rheinland-Pfalz-Takt
Pressemitteilung des SPNV-Nord und ZÖPNV Süd (12.10.2022)
Ohne Erhöhung der Regionalisierungsmittel drohen ab dem Jahr 2023 erhebliche Angebotskürzungen bei Bahnen und Bussen
„In großer Sorge um Angebotsqualität und Angebotsdichte im Rheinland-Pfalz-Takt“ sind die beiden Vorsitzenden der für den SPNV und die regionalen Bushauptlinien zuständigen Zweckverbände SPNV-Nord und ZÖPNV Süd, die Landräte Achim Hallerbach (Kreis Neuwied) und Dr. Fritz Brechtel (Kreis Germersheim) aufgrund der bislang ergebnislosen Gespräche zwischen Bund und Ländern zur Erhöhung der Regionalisierungsmittel. „Der Rheinland-Pfalz-Takt benötigt dringend mehr Geld, um die massiven Kostensteigerungen aufzufangen. Insbesondere die Preise für Energie, also Diesel und Strom sind so stark angestiegen, dass wir im Verlauf des Jahres 2023 Züge und Busse abbestellen müssen, sollte nicht in den kommenden Wochen ein klares Signal für mehr Geld kommen. Wir hoffen, dass das Land diese Mehrkosten finanzieren kann und die dafür nötige Gelder bereitstellt“, erklärten die beiden Landräte übereinstimmend.
Nach Berechnungen der beiden Zweckverbände würde allein der Ausgleich der aktuellen Energiepreissteigerungen die Abbestellung von ca. 8 Mio. Zug-km bedeuten, der Fehlbetrag steigt schnell auf eine Lücke von 30 % bei der Leistungsbestellung an. „Die vertraglichen Abbestellquoten werden leider nicht ausreichen, die Einsparungen bei der Schienen- und Stationsmaut trifft dann auch die Deutsche Bahn AG. In dem nötigen Umfang Ersatzfahrten im Bus für SchülerInnen und PendlerInnen zu organisieren, wird in Ermangelung von Busfahrern und Fahrzeugen kaum möglich sein. Am Ende wären hier schwierige Prioritäten zu setzen mit der Folge, dass manche Dörfer kaum noch oder auch gar nicht mehr bedient werden würden“, stellen beide Landräte klar.
Erste Überlegungen beim ZÖPNV Süd haben gezeigt, dass selbst eine Ausdünnung der S- und Stadtbahnverkehre auf den Hauptstrecken Mainz – Worms – Mannheim, Ludwigshafen – Homburg und Schifferstadt – Germersheim – Wörth – Karlsruhe auf einen Stundentakt nicht ausreichen würde, die Preissteigerungen auszugleichen. „Angesichts der starken Fahrgastnachfrage auf den Hauptstrecken sind aber dort größere Angebotsausdünnungen in der Praxis nicht möglich, weil die Abwanderung zum Autoverkehr dort deutlich größer sein würde als im ländlichen Raum. Vor diesem Hintergrund müssten dann mehrere Strecken im ländlichen Raum komplett stillgelegt werden.
Weniger starke Strecken in der Westpfalz oder in der Vorderpfalz z.B. die Zweigstrecken nach Eisenberg/Ramsen oder die Schienenstrecke zwischen Grünstadt und Monsheim sowie die schwächer frequentierten Abschnitte an Nahe und Alsenz sowie in der Südpfalz, wie z.B. die Schienenstrecke Winden – Bad Bergzabern würden nur noch rudimentär oder gar nicht mehr auf der Schiene bedient werden können. Auch Rheinhessen wäre sicherlich von diesen massiven Kürzungen betroffen, so dass beispielsweise die Anbindung der Kreisstadt Kirchheimbolanden an die Schiene in Frage gestellt werden müsste “, erläuterte Landrat Dr. Brechtel die möglichen Konsequenzen.
„Im Norden des Landes müssten wir ebenfalls mehrere Streckenstilllegungen oder die Abbestellung der regionalen Bushauptlinien in Erwägung ziehen. Betroffen sein könnte die auch für den Güterverkehr auf der Schiene so wichtige Unterwesterwaldbahn von Limburg über Montabaur nach Siershahn, die Oberwesterwaldbahn von Limburg über Hachenburg nach Au an der Sieg oder auch die Obermoselstrecke von Trier nach Frankreich. Das in 2015 gestartete ÖPNV-Konzept Nord im Busbereich könnte eingestellt werden. Zukunftsprojekte wie die Weststrecke Trier oder der Ausbau der Eifelstrecke und der Ahrtalbahn nach dem Hochwasser müssten aufgegeben werden“, ergänzt Landrat Achim Hallerbach.
Beide Vorsitzenden stellen klar: „Dies sind nur Grobszenarien, es gibt noch keine Entscheidungen. Wenn es zeitnah keine Beschlüsse zur Aufstockung der Bundesgelder gibt, müssen wir bis Jahresende Szenarien entwickelt haben und diese mit den Landkreisen und den kreisfreien Städten sowie dem Land abstimmen. Dann müssen wir die Arbeiten an den Zukunftskonzepten einstellen und den Hebel auf Rückwärtsfahrt einlegen. Der Bund hat es in der Hand dafür zu sorgen, dass wir die Angebote aufrechterhalten können“.
„Eben haben wir noch 175 Jahre Eisenbahn in Rheinland-Pfalz gefeiert und kurz danach sollen wir die Abrissbirne vorbereiten. Das passt nicht zusammen und muss unbedingt verhindert werden“, macht Dr. Brechtel deutlich.
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SPNV-Nord: Kritische Situation der Finanzierung des Schienennahverkehrs /
23.9.2022. 69. Sitzung der Verbandsversammlung des SPNV-Nord. Verbandsvorsteher Landrat Achim Hallerbach betonte auf der Verbandsversammlung die kritische Situation der Finanzierung. Dringend benötigte neue Schienenverkehrskonzepte im Norden von RLP – zum Beispiel im Ahrtal und in der Eifel – stehen nur noch unter dem Vorbehalt von ausreichenden Regionalisierungsmitteln. Allein der gewaltige Anstieg der Energiekosten führt zu einer erheblichen Steigerung an Mitteln für den laufenden Betrieb. Die Preissteigerungen in allen Bereichen beeinflussen sowohl die laufenden als auch die neuen Verkehre. Bestehende Vertragskonstellationen geraten stark unter Druck und müssen sogar zunehmend angepasst werden. Sorge bereitet den kommunalen Mitgliedern auch, dass die gleichwertigen Lebensbedingungen zwischen unserem ländlichen RLP und städtischen Räumen durch Maßnahmen wie dem 9-Euro-Ticket nicht ausreichend berücksichtigt werden.
„Wir befürchten schon für 2023 nicht mehr ausreichende Finanzen und unterstützen daher sehr unsere Mobilitätsministerin bei der Forderung nach mehr Bundesmitteln für den Schienenpersonennahverkehr. Wir hoffen sehr, dass sich Bund und Länder auf ein preislich attraktives 9-Euro-Folgeticket einigen, jedoch müssen wir dann in den bestehenden Verkehren unbedingt kurzfristig mit mehr Zügen und neuen Fahrten kostenintensiv nachsteuern. Die teilweise völlige Überlastung der Züge und des Bahnsystems an den beiden Rheinstrecken aus dem 9-Euro-Ticket-Experiment können wir den Fahrgästen nicht wieder zumuten,“ so Landrat Achim Hallerbach.
Auch der Kostenanstieg der RegioLinien durch das ÖPNV-Konzept Nord führt spätestens ab 2024 zu deutlich zusätzlichen Finanzbedarf. Regionen, welche nicht durch die Eisenbahn erschlossen werden, werden dadurch wenigstens auf der Straße vergleichbar angebunden sein. „Natürlich ist hier auch das Land Rheinland-Pfalz selber gefordert, auch gerade für unsere lokalen Busverkehre in den Landkreisen und kreisfreien Städten,“ geht Landrat Achim Hallerbach auf die Verantwortung des Landes ein.
Fahrplanangebot auf der Ahrtalbahn und Eifelstrecke nach Wiederaufbau
Die Verbandsversammlung hat sich für eine deutliche Verbesserung des Schienennahverkehrs an beiden Hochwasserstrecken ausgesprochen und befürwortet im Ahrtal einen durchgehenden 20-Minuten-Takt. In der Eifel werden Verbesserungen in mehreren Schritten erfolgen müssen. In einer ersten Stufe mit der Elektrifizierung sind mindestens alle zwei Stunden ein RE-Eifel-Sprinter und die stündliche Regionalbahn von Trier über Gerolstein nach Köln neben weiteren Verdichtern für die Fahrgäste vorgesehen. Die Angebotsgestaltung gerade an der Eifelstrecke ist ausgesprochen komplex, da nach dem Hochwasser in 2021 verbesserte Schieneninfrastruktur, kapazitative Verbesserungen wie Zweigleisigkeiten, höhere Strecken-Geschwindigkeiten, verschiedene Finanzierungstöpfe, Bahnsteige, Fahrzeuge und ein laufender Vertrag unter einen Hut zu bringen sind.
Die gewünschten Verbesserungen werden verdeutlicht durch avisierte kürzere Reisezeiten zwischen Trier und Köln:
- Vor Hochwasser (via Eifelstrecke): 3:04 Stunden
- Zum Vergleich via Koblenz (Süwex & RRX): 2:57 Stunden
- Zwischenkonzept: 2:38 Stunden (2h-Takt des RE-Eifel-Sprinters)
- Zielkonzept 2:19 Stunden (1h-Takt des RE-Eifel-Sprinters).
Die deutlichen Verbesserungen des Schienennahverkehrs wünschen sich die kommunalen Mitglieder möglichst rasch und setzen auf eine deutlich verbesserte Finanzierung des Bundes im Regionalisierungsgesetz.
„Zur Verbesserung der kritischen finanziellen Situation der Bestandsverkehre und der geplanten Verbesserungen im Rahmen von RLP-Takt 2030 ist eine deutliche Erhöhung der Regionalisierungsmittel des Bundes dringend nötig. Alternativ werden wir uns in Kürze mit Abbestellungen, vielleicht sogar von ganzen Strecken, befassen müssen,“ gibt Verbandsdirektor Thorsten Müller die Stimmung der Verbandsversammlung wieder. Text und Foto: Thomas Nielsen (SPNV-Nord).