Ein Jahr nach der Flutkatastrophe

Machten auch vor den Gleisen nicht halt: Extreme Schäden durch die Hochwasser-Katastrophe. Fotos: IG Ahrtalbahnfreunde
Ein Jahr danach verkehren die Züge wieder, zumindest von Remagen bis Walporzheim. Die Gesamtstrecke bis Ahrbrück soll laut DB bis Ende 2025 wieder in Funktion sein
Ahrtalbahnfreunde gedenkt Opfern der Flutkatastrophe. Bahnbedienstete waren in Lebensgefahr

14. Juni 2022. Die furchtbare Flutkatastrophe an der Ahr und ihren Nebenbächen liegt jetzt schon ein Jahr zurück. Die IG Ahrtalbahnfreunde gedenkt an diesen Tagen den vielen Opfern der Flutnacht, denkt aber auch an die Menschen, deren Hab und Gut durch das Hochwasser beschädigt oder gar völlig zerstört wurde. Für viele von Ihnen werden die schlimmen Erinnerungen noch lange eine Belastung sein.

Die Gedanken der IG Ahrtalbahnfreunde waren in der Flutnacht aber auch bei den aktiven Bahnern. Vier Eisenbahner/innen befanden sich zu diesem Zeitpunkt in Kreuzberg. Wie ist es diesen bei der Flut ergangen? Und einem gegenüber dem Bahnhof wohnenden früheren Fahrdienstleiter? Dieser erläuterte, dass man dort schon mit einem höheren Hochwasser als 2016 gerechnet habe. Ihm stelle sich aber nach wie vor die Frage, woher die Wasserfluten in dieser Höhe und Flutgeschwindigkeit überhaupt kamen. Er konnte im ersten Stock seines Hauses die Katastrophe relativ gut überstehen, allerdings wurde auch bei ihm das Erdgeschoss geflutet. Er erinnert sich: Aus dem Stellwerk Dernau habe ein junger DB-Fahrdienstleiter nach Kreuzberg zum dortigen Stellwerk bereits relativ früh Störungen im Zugbetrieb mitgeteilt. Der Mann konnte später vor den Wassermassen noch flüchten. Zu dieser Zeit ahnte noch niemand, dass der Wasserstand eine derart zerstörerische Höhe erreichen würde. Aber wie die Menschen in den Orten, erreichten auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der DB keine Warnhinweise, geschweige denn eine behördliche Hochwasserwarnung. Bis gegen 20.00 Uhr verkehrten die Züge am 14. Juli 2021, dann wurde der Zugbetrieb eingestellt, da man sich um die Standfestigkeit der Brücken sorgte. „Sehr Verantwortungsvoll,“ so die Ahrtalbahnfreunde zu dieser Entscheidung.

Auf dem Bahnhofsgelände in Kreuzberg war eine Regionalbahn überflutet worden, die kürzlich über Behelfsgleise nach Ahrbrück gezogen wurde, von wo aus sie in mehreren Teilen über die Straße abtransportiert werden soll

Schräg gegenüber des Bahnhofs Kreuzberg hat die Deutsche Bahn (DB) Dienstwohnungen für den Schichtwechsel des Zugpersonals angemietet. Dort hielt sich auch der Triebwagenführer für den Frühzug auf. Der Ex-Eisenbahner erzählt, dass die starken Regenfälle unvermindert anhielten. Und dass dann zwischen dem normalen Flussbett der Ahr und den Gleisanlagen am Bahnhof Kreuzberg immer mehr Wohnwagen vorbeitrieben. Die beiden noch anwesenden Lokführer versuchten trotz dieser Gefahr, die Zugbatterien abzustellen. Bei diesem Versuch sind beide den Fluten nur noch mit letzter Kraft entkommen. Sie konnten sich anschließend gerade noch mit einer Aluleiter auf einen Carport retten. Dort mussten sie auch die Nacht verbringen. Alle vier DB-Mitarbeiter/innen überlebten letztlich die Flut. Die IG Ahrtalbahnfreunde wünscht, dass auch ihnen nach der extrem hohen psychischen Belastung die notwendige Unterstützung zu Teil kommen wird.

Das Bahnhofsgebäude in Kreuzberg (oben/unten). Die Außenansicht läßt nur erahnen, was sich dort und im gesamten Ort während der Flut am 14./15. Juni 2022 abgespielt hat

Die IG Ahrtalbahnfreunde weist in diesem Zusammenhang erneut auf die hohe Bedeutung der Ahrtalbahn für SchülerInnen, Berufstätige, sonstige Reisende sowie den für die Region bedeutenden Tourismus hin. Bei aller Tragik, dem menschlichen Leid und unsagbaren Zerstörungen bietet sich jetzt die Chance, die Ahrtalbahn zügig und sehr modern aufzubauen. Dafür haben sich die Ahrtalbahnfreunde seit über 20 Jahren eingesetzt, so Wolfgang Groß, Sprecher der Gruppe. Die IG begrüßt das schnelle Handeln und die Entscheidung von Deutscher Bahn und Landesregierung Rheinland-Pfalz, auch die noch völlig zerstörte Bahnstrecke von Walporzheim bis Ahrbrück bereits 2025 wieder nach modernsten Standards in Betrieb nehmen zu können.

Eine der wichtigsten Forderungen der IG Ahrtalbahnfreunde war die Elektrifizierung der Gesamtstrecke, für die es jetzt eine finanziellen Zusage gibt. Diese Maßnahmen machen es möglich, weitere Haltepunkte einzurichten und durchgehende Züge von Ahrbrück bis Köln oder sogar Dortmund einsetzen zu können. Landrat Achim Hallerbach (Kreis Neuwied), Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord (SPNV Nord), hob die beschlossenen Maßnahmen ebenfalls hervor: „Bei der Ahrtalbahn wird die Bahnstrecke von Remagen über Bad Neuenahr-Ahrweiler und Ahrbrück elektrifiziert.“ Damit, so die IG, entsteht an der Ahr keine „Dieselinsel“. Und Katrin Eder, Umwelt- und Klimaschutzministerin, verdeutlichte: „Hier wird der Wiederaufbau nach der verheerenden Flutkatstrophe als Chance genutzt, um den öffentlichen Nahverkehr zukunftsfähig und klimaneutral zu realisieren.“ Und schließlich dankt die IG Ahrtalbahnfreunde auch SPNV-Verbandsdirektor Thorsten Müller für dessen unermüdlichen Einsatz für die gesamte Region.

Einen detaillierten Plan zum Wiederaufbau der Ahrtalbahn bis zur Endstation Ahrbrück unter folgendem Link.